Berechnung der Kirchensteuer nach § 51a EStG bei Berücksichtigung von Kindern,
beim Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren und der Anrechnung des Gewerbesteuermeßbetrages

I. Einführung

Mit dem Gesetz zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern (vom 21.12.2000, BStBl. I S. 1978) hat der für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer wichtige § 51a EStG einen neuen Inhalt bekommen. Neben der bisherigen gesonderten Berechnung der Kirchensteuer bei Steuerpflichtigen mit Kindern sind durch die steuersystematischen Neuregelungen der Unternehmensteuerreform Konsequenzen für die Kirchensteuer zu ziehen gewesen, sofern das Halbeinkünfteverfahren (nunmehr Teileinkünfteverfahren) und die Anrechnung des Gewerbesteuermeßbetrages (§ 35 EStG) zur Anwendung kommen. Die nachstehenden Ausführungen (Basis 2001/2002) werden zeigen, dass die Grundsätze der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gewahrt geblieben sind.

Insbesondere ist durch die Änderung des § 51a EStG keine "versteckte" Erhöhung der Kirchensteuer erfolgt! Wie bei vielen anderen Dingen auch kommt es aber entscheidend auf den Blickwinkel des Betrachters an. Um eine zutreffende Relation zur Kirchensteuer herzustellen, reicht es nicht aus, nur die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Größen miteinander zu vergleichen. Entscheidend ist der Vergleich der Gesamtbelastung von Ertragsteuer und Kirchensteuer.

II. Höhe des Zuschlags zur staatlichen Steuer

Die Kirchensteuer bemißt sich nach der Einkommensteuer; sie beträgt in Baden-Württemberg und Bayern 8% und in den anderen Bundesländern 9% der Einkommensteuerschuld. Dieses Prinzip der Akzessorietät der Kirchensteuer von der Einkommensteuer wird seit der Einführung der Kirchensteuer i.w. eingehalten. Die Kirchensteuer teilt hinsichtlich ihres Aufkommens nicht nur das Schicksal der Einkommensteuer, sondern folgt ihr auch hinsichtlich einer Reihe von Subventions- und Lenkungstatbeständen, die dem der Finanzierung kirchlicher Aufgaben durch die Kirchensteuer nicht entsprechen.

III. Korrekturen der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2, 2a EStG)

Die Kirchensteuer wird bei zwei Fallgestaltungen abweichen berechnet. Sind Kinder vorhanden und/oder hat der Steuerpflichtige Dividendeneinkünfte bzw. solche aus Gewerbebetrieb, wird die Bemessungsgrundlage korrigiert (§ 51a Abs. 2 und 2a EStG).

1. Berücksichtigung von Kindern

Mit der Abschaffung des Kinderfreibetrages und der Einführung des Kindergeld im Jahr 1975 suchten die Kirchen nach einer Lösung, weiterhin die kindbedingten Lasten bei der Berechnung der Kirchensteuer zu berücksichtigen. Mit dem neu eingeführten § 51a EStG, der für die Kirchensteuer über den Verweis in den Kirchensteuergesetzen der Länder Anwendung findet, wurde zunächst ein Kinderabzugsbetrag normiert, welcher vor Berechnung der Kirchensteuer von der Einkommensteuer abgezogen wurde. Die durch das Jahressteuergesetz 1996 eingeführte Kombination von steuerlichem Kinderfreibetrag und Kindergeld erforderte eine Änderung. Der Kinderfreibetrag wirkt sich nur im oberen Progressionsbereich günstiger als das Kindergeld aus. Mit der Änderung des § 51a EStG wurde erreicht, daß nunmehr für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer für jedes beim Steuerpflichtigen zu berücksichtigen Kind die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG abgezogen werden (auch wenn er Kindergeld erhält).

Sofern also beim Steuerpflichtigen Kinder zu berücksichtigen sind, wird die ursprüngliche Bemessungsgröße für den Steuertarif noch um die Kinderfreibeträge vermindert und erst dann - fiktiv - die Einkommensteuer und hiervon die Kirchensteuer berechnet.

Beispiel:

Verheirateter Arbeitnehmer mit 2 Kindern und einem zu versteuerndes Einkommen (zvE) in Höhe von 40.000 €

Berechnung Kirchensteuer bei 2 Kindern
mit § 51a EStG
ohne § 51a EStG
zu versteuerndes Einkommen
40.000
40.000
Kindesfreibetrag (2 x 7.008)
./. 14.016
- -
zu versteuerndes Einkommen (fiktiv)
25.984
40.000
Einkommensteuer (Splittingtabelle; fiktiv)
1.850
5.402
Kirchensteuer 9%
166,50
486,18


2. Zur teilweisen Korrektur der Unternehmensteuerreform

Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz beabsichtigt der Gesetzgeber u.a. eine europataugliche Besteuerung der Dividendeneinkünfte und eine Förderung der gewerblichen Wirtschaft, indem er das Anrechnungsverfahren durch das sog. Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) und die Kappung der Besteuerung gewerblicher Einkünfte (§ 35 EStG) durch die Anrechnung des Gewerbesteuermessbetrages auf die Einkommensteuer ersetzte. Im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer ist das Halbeinkünfteverfahren durch das Teileinkünfteverfahren ersetzt worden (Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912; BStBl. I 2007, 630). Die nachstehenden Ausführungen zum Halbeinkünfteverfahren gelten hierfür entsprechend. Die hiermit für die Ertragsbesteuerung verbundenen Folgerungen sollen nicht weiter erörtert werden. Für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer war diese Änderung jedoch ein Systembruch, der zur Änderung des § 51a EStG führen mußte.

Die Kirchensteuer bemisst sich nach der Einkommensteuer, teilt somit deren Schicksal (s.o.). Durch diese Anbindung entsprach sie mithin i.w. der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Durch das Unternehmensteuerreformgesetz wäre dieser Grundsatz aufgehoben und Kirchensteuerpflichtige mit unterschiedlichen Einkunftsarten aber gleicher Leistungsfähigkeit ungleich mit Kirchensteuern belastet worden.

Vom Halbeinkünfteverfahren sind erfaßt u.a. die Dividendeneinkünfte. Nach dem alten Recht (Anrechnungsverfahren) erhielt der Steuerpflichtige neben der Dividendenbarausschüttung eine Gutschrift über den Körperschaftsteuerbetrag, den das Unternehmen bereits als Steuer abgeführt hatte. Dies Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer setzte sich somit aus der Barausschüttung und der Körperschaftsteuergutschrift zusammen (100%). Nunmehr entfällt diese Anrechnung, die gezahlte Körperschaftsteuer (25%) ist definitiv. Von den ausgeschütteten 75% wird nur noch die Hälfte für die Berechnung der Einkommensteuer herangezogen.

Der Systemwechsel bei der Besteuerung der Dividendeneinkünfte führt bei der Kirchensteuer zu gleichheitswidrigen Verzerrungen. Der Dividendenempfänger entrichtet Kirchensteuer auf 37,5% der Dividende, der Arbeitnehmer auf 100% seiner Lohns. Die Korrektur erfolgt nach § 51a Abs. 2 EStG, indem nicht die Hälfte der Ausschüttung, sondern der volle Ausschüttungsbetrag für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer herangezogen wird. Dies führt durch die Tarifabsenkung und die definitive Vorbelastung mit Körperschaftsteuer i.d.R. zu keiner absoluten Mehrbelastung mit Kirchensteuer. Dieses Verfahren gewährleistet nur, das Steuerpflichtige mit unterschiedlichen Einkunftsarten aber gleicher Leistungsfähigkeit auch gleichmäßig mit Kirchensteuer belastet werden. Nachfolgende Beispiele machen die Rechtsänderung transparent.

Beispiel 1: Dividendeneinkünfte nach altem Anrechnungs- und neuem Halbeinkünfteverfahren (vereinfacht)



Beispiel 2: korrigierte Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer (abstrakt, vereinfacht)


Für einen aussagekräftigen Vergleich zwischen Ertragsteuner und Kirchensteuer ist nicht die Relation der im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkommen- und Kirchensteuer maßgebend. Abzustellen ist auf die Gesamt-Ertragsteuer-Belastung des Steuerpflichtigen, d.h. der definiven KSt von 25% zuzüglich der ESt.

Für die Berechnung der Kirchensteuer im Halbeinkünfteverfahren bei Verrechnung mit vorgetragenen Verlusten und der Nichtberücksichtigung der Anrechnung des Gewerbesteuermessbetrages bei der Berechnung der Kirchensteuer s. ausführlich Petersen, Kirchensteuer kompakt, S. 105, 108.

IV. Schlussbemerkung

Immer wenn bei den Einkünften des Steuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind, wird die Kirhensteuer entsprechend den vorgenannten Grundsätzen berechnet, d.h. auf der Ebene des zu versteuernden Einkommens wird die Bemessungsgrundlage um diese korrigiert (positiv wie negativ). Damit wird das Prinzip der Gleichmäßigkeit und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gewahrt. Ein Vergleich der Gesamtbelastung von Ertragsteuer und Kirchensteuer vermitteln eine zutreffende Relation. Obige Beispiele verdeutlichen, dass die systemnotwendige Änderung des § 51a EStG keineswegs zu unangemessenen Ergebnissen geführt hat.